Schlagwort: Interaktion

Filialschließung – und was kommt dann – Comeback des Telefons als Vertriebskanal

Oft kommt sie schlei­chend und nahe­zu unbe­merkt, manch­mal mit einem Big Bang – die Schlie­ßung von Filia­len der klas­si­schen Uni­ver­sal­ban­ken im Bundesgebiet.

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Abbil­dung 1: Ent­wick­lung Anzahl Bank­fi­lia­len in Deutsch­land gemäß Bank­stel­len­be­richt der Bundesbank

Ver­schie­de­ne Ursa­chen kön­nen hier­für ver­ant­wort­lich sein. Seit Jah­ren bereits bau­en Spar­kas­sen, Genos­sen­schaf­ten und Groß­ban­ken ihre Fili­al­prä­senz deut­lich zurück. Vie­le der ehe­ma­li­gen Bera­tungs­punk­te wer­den aus Kos­ten­grün­den oder auf­grund nied­ri­ger Besuchs­fre­quenz in Selbst­be­die­nungs­stand­or­te umge­wan­delt oder ent­fal­len ganz. Die Com­merz­bank zum Bei­spiel wähl­te abwei­chend hier­von einen Big Bang Ansatz, in dem inner­halb eines sehr kur­zen Zeit­raums 2022 ein erheb­li­cher Anteil der bis­he­ri­gen Stand­or­te geschlos­sen oder nach der Coro­na-Pan­de­mie nicht wie­der geöff­net wur­de. An ihre Stel­le trat das Leis­tungs­an­ge­bot der Bera­tungs­cen­ter, über die den Kun­den Leis­tun­gen via Tele­fon und Video­kon­fe­renz in Kom­bi­na­ti­on mit Online-Leis­tun­gen offe­riert wurden.

Ein wei­te­res Phä­no­men ergänzt die­se Ver­än­de­rungs­ten­denz für die Kun­den vor allem im länd­li­chen Raum. Durch die hohe Zahl von Geld­au­to­ma­ten­spren­gun­gen kommt es zu einer Reduk­ti­on des Ange­bots an Selbst­be­die­nungs­stand­or­ten, weil die Kos­ten für die Wie­der­her­stel­lung oder Absi­che­rungs­maß­nah­men immens gestie­gen sind.

Was heißt das für den Kunden?

Geleb­te Gewohn­hei­ten im Zugang zu Bank­dienst­leis­tun­gen ver­än­dern sich. Das Gespräch mit einem Bera­ter der Bank bedarf einer expli­zi­ten Ter­min­ver­ein­ba­rung und einer Fahrt zum jewei­li­gen Stand­ort. Die Bedeu­tung von Selbst­be­die­nungs­an­ge­bo­ten am Auto­ma­ten oder via Online-Ban­king nimmt deut­lich zu, da nur noch die­se Kanä­le für die Durch­füh­rung von Trans­ak­tio­nen zur Ver­fü­gung ste­hen. Je nach Ange­bot des Insti­tuts steht alter­na­tiv ein Bera­ter via Tele­fon oder mul­ti­me­di­al zur Verfügung.

Die­se Ent­wick­lung ist für den Kun­den nicht über­ra­schend, aber inzwi­schen sind die Ver­än­de­run­gen für jeden spür­bar und erfor­dern eine ver­stärk­te Anpas­sung des Nutzungs­verhaltens von Bankdienstleistungen.

Was heißt das für die Bank?

Die Auf­ge­schlos­sen­heit der Kun­den für die Nut­zung media­ler Kanä­le wächst und erleich­tert den Kre­dit­in­sti­tu­ten den Abbau sta­tio­nä­rer Ange­bo­te. Gemäß Daten von Sta­tis­ta stieg der Anteil der Online-Ban­king Nut­zer in den Jah­ren von 2014 bis 2023 von 53 % auf 76 %. Selbst in der Alters­grup­pe der Senio­ren nut­zen inzwi­schen nahe­zu 50 % der Bank­kun­den das Online-Ange­bot. Ist damit der Switch vom sta­tio­nä­ren zum media­len Ange­bot für die Ban­ken ein Erfolgs­mo­dell? Aus mei­ner Sicht wäre die­se Ein­schät­zung trü­ge­risch und gefährlich.

Kri­ti­k­ali­tät der Entwicklung

Vie­le Fili­al­stand­or­te haben vor ihrer Schlie­ßung pri­mär ein Ser­vice­an­ge­bot und nur stan­dar­di­sier­te Bera­tungs­leis­tun­gen offe­riert, so dass durch den Wech­sel auf Selbst­be­die­nung oder media­les Ange­bot, eine Ver­än­de­rung durch den Kun­den als akzep­ta­bel emp­fun­den wurde.

Kri­ti­scher ist jedoch, dass vie­le Infor­ma­tio­nen aus dem unmit­tel­ba­ren Kun­den­kon­takt nicht mehr in der Bank vor­lie­gen, und in Form eines Cus­to­mer Rela­ti­onship Manage­ment genutzt wer­den kön­nen. Damit ein­her gehen drei kri­ti­sche Entwicklungen:

  • Die inhalt­li­che Dif­fe­ren­zier­bar­keit der Bank von Anbie­tern aus dem Fin­Tech-Umfeld nimmt ab
  • Kon­di­tio­nen bekom­men eine stär­ke­re Bedeu­tung bei der Ent­schei­dung des Kun­den für einen Anbieter
  • Die Loya­li­tät des Kun­den für sei­ne Bank nimmt ste­tig wei­ter ab

Das ist grund­sätz­lich nicht neu. Inter­es­sant ist aber Fol­gen­des: Trotz hoher Bereit­schaft zur Nut­zung media­ler Kanä­le, deu­ten die in den letz­ten Wochen auf­ge­tre­te­nen Schlan­gen vor den ver­blie­be­nen Filia­len der Com­merz­bank dar­auf hin, dass es Anfor­de­run­gen gibt, die durch die neue Struk­tur der Bera­tungs­cen­ter bis­her nur unzu­rei­chend abge­bil­det werden.

Hand­lungs­er­for­der­nis­se für die Bank

Die Ent­schei­dung einer Bank, statt sta­tio­nä­rer Leis­tungs­an­ge­bo­te aus­schließ­lich auf Selbst­be­die­nung oder Online-Ange­bo­te zu set­zen, ist nach unse­rer Ein­schät­zung kein erfolg­ver­spre­chen­des Modell. Auch der inzwi­schen ver­brei­te­te Ein­satz von Ava­ta­ren oder Robo-Advi­sor-Ange­bo­ten greift hier zu kurz.

Durch die fort­schrei­ten­de tech­ni­sche Ent­wick­lung erfährt statt­des­sen ein ande­res Medi­um eine Renais­sance – das Tele­fon. Die Mög­lich­kei­ten eines Leis­tungs­an­ge­bo­tes gehen weit über das hin­aus, was frü­her als Call-Cen­ter oder Com­mu­ni­ca­ti­on-Cen­ter bezeich­net wurde.

Bereits Ende der Neun­zi­ger­jah­re zeig­te die Advan­ce Bank, wel­che Mög­lich­kei­ten in der Bera­tung via Tele­fon ste­cken. Ver­mö­gens­be­ra­tung, Ver­trieb geschlos­se­ner Fonds, Bau­fi­nan­zie­rungs­an­ge­bo­te (in Tei­len sogar in Kom­bi­na­ti­on mit Online-Funk­tio­nen) wur­den den Kun­den damals offe­riert. Die damals damit noch ver­bun­de­nen Kos­ten ver­hin­der­ten einen lang­fris­ti­gen Erfolg die­ses Ansatzes.

Der Ansatz der Bera­tungs­cen­ter der Com­merz­bank greift vie­le die­ser The­men wie­der auf, und bie­tet über das Tele­fon ein brei­tes Spek­trum von Ser­vice­leis­tun­gen bis hin zu spe­zia­li­sier­ten Bera­tungs­leis­tun­gen im Kon­text Wert­pa­pier und Finan­zie­rung an.

Ein der­ar­ti­ges Ange­bot erfor­dert jedoch Vor­aus­set­zun­gen in drei Handlungsfeldern:

  1. Hohe tech­ni­sche Inte­gra­ti­on der Kom­po­nen­ten der Kernbankplattform
  2. Tech­ni­sche Aus­stat­tung des Arbeits­plat­zes im Hin­blick auf Infor­ma­ti­on, Kommuni­kation und Dokumentation
  3. Spe­zi­fi­sche Qua­li­fi­ka­ti­on der Bera­te­rin­nen und Bera­ter für die Bera­tung via Telefon

Zu 1. Tech­ni­sche Integration

Die für die Erbrin­gung von Ser­vice- und Bera­tungs­leis­tun­gen erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen müs­sen in einer Ober­flä­che gebün­delt sein. Ein Zusam­men­tra­gen erfor­der­li­cher Infor­ma­tio­nen aus unter­schied­li­chen Anwen­dungs­sys­te­men wäh­rend eines Kunden­gesprächs ist zu ver­mei­den. Glei­ches gilt für die Nut­zung von Work­flow-Kom­po­nen­ten. Bera­tungs­un­ter­stüt­zung und Wei­ter­ga­be von Bearbeitungs­aufträgen sowie regu­la­to­rik­kon­for­me Doku­men­ta­ti­on des Bera­tungs­ge­sprächs müs­sen ohne Sys­tem­wech­sel mög­lich sein. Andern­falls wird die Qua­li­tät der Ser­vice- oder Bera­tungs­leis­tung dem Kun­den gegen­über deut­lich beein­träch­tigt. Vie­le Ban­ken haben die­se Inte­gra­ti­on heu­te nicht. In der Erbrin­gung von Leis­tun­gen im sta­tio­nä­ren Ver­trieb war die Bedeu­tung die­ser Inte­gra­ti­on deut­lich geringer.

Zu 2. Arbeitsplatzausstattung

Alle erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen zum Kun­den müs­sen am Arbeits­platz des Bera­ters zusam­men­lau­fen. Ver­ein­ba­run­gen mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen aus vor­an­ge­gan­ge­nen Gesprä­chen zäh­len hier eben­so dazu, wie Infor­ma­tio­nen zu erfolg­ten Online-Akti­vi­tä­ten des Kun­den oder zu Besu­chen im sta­tio­nä­ren Ver­trieb. Ohne die­se Infor­ma­ti­ons­ba­sis ist eine per­so­nen­un­ab­hän­gi­ge Leis­tungs­er­brin­gung nicht darstellbar.

Hin­zu kommt neben einer geeig­ne­ten Tele­fo­nie auch die erfor­der­li­che akus­ti­sche Ruhe am Arbeits­platz. Wäh­rend eines ver­trau­li­chen, tele­fo­ni­schen Bera­tungs­ge­sprächs darf für den Kun­den kein „kom­mu­ni­ka­ti­ves Grund­rau­schen“ aus par­al­lel­lau­fen­den Kunden­gesprächen ver­nehm­bar sein. Eben­so sind die Arbeits­plät­ze für die Durch­füh­rung von Videobe­ratun­gen aus­zu­stat­ten. Die­se Aus­stat­tung endet nicht bei der Aus­wahl einer Soft­ware. Viel­mehr dür­fen kei­ne Per­so­nen durch das Bild der Video­kon­fe­renz lau­fen oder Spie­ge­lun­gen von Bild­schir­men ande­rer Bera­ter für den Kun­den sicht­bar sein.

Nach­ste­hen­de Abbil­dung fasst wesent­li­che Aspek­te der Punk­te „tech­ni­sche Inte­gra­ti­on” und „Arbeits­platz­aus­stat­tung” zusammen:

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Abbil­dung 2: Tech­ni­sche Inte­gra­ti­on und Arbeitsplatzausstattung

Zu 3. Qualifikationsbedarf

Die Qua­li­fi­ka­ti­on eines erfolg­rei­chen Ban­kers im sta­tio­nä­ren Ver­trieb ist eine gute Vor­aus­set­zung für eine Fort­füh­rung des Erfolgs mit­tels Tele­fon oder Video-Chat. Aus­rei­chend allein ist sie jedoch nicht.

Die unmit­tel­ba­re Inter­ak­ti­on mit dem Kun­den via Tele­fon, die sich weder auf­hal­ten noch unter­bre­chen lässt, stellt ergän­zen­de Anfor­de­run­gen in Punk­to Kom­mu­ni­ka­ti­on, Kon­flikt­ma­nage­ment oder Abschluss­ori­en­tie­rung. Non­ver­ba­le Infor­ma­tio­nen des Kun­den im Gespräch feh­len oder sind über den Video­ka­nal anders als in einem Face-to-Face-Gespräch.

Hin­zu kommt eine deut­lich erhöh­te Tak­tung der Gesprä­che, nicht nur im Ser­vice­um­feld, son­dern auch in der qua­li­fi­zier­ten Bera­tung. In der Vor­be­rei­tung unter­las­se­ne Akti­vi­tä­ten las­sen sich im Gespräch kaum nach­ho­len. Noch ein­mal ande­re Anfor­de­run­gen zur Tak­tung stel­len sich aus Out­bound-Calls. Hier ist grund­sätz­lich zu über­le­gen, ob die glei­chen Per­so­nen In- und Out­bound telefonieren.

Abschlie­ßend besteht in vie­len Fäl­len ein Unter­schied in der per­sön­lich emp­fun­de­nen Wer­tig­keit des Kun­den­kon­takts via Tele­fon im Ver­gleich zum sta­tio­nä­ren Ver­trieb. Hier­für besteht kein Grund, den­noch ist die­se Emp­fin­dung immer wie­der festzustellen. 

Per­spek­ti­ven zur Weiterentwicklung

Im Rah­men der tech­ni­schen Inte­gra­ti­on ist es von hoher Bedeu­tung, dass End-to-End-Pro­zes­se in ihren Pro­zess­be­stand­tei­len an unter­schied­li­chen Stel­len bear­bei­tet wer­den kön­nen. Waren sta­tio­nä­re Stand­or­te der Ban­ken oft auch dadurch gekenn­zeich­net, dass in ihnen in Tei­len Back­of­fice-Tätig­kei­ten durch­ge­führt wur­den, so ist die­ses im Rah­men des tele­fo­ni­schen Kun­den­kon­tak­tes nur noch ganz rudi­men­tär mög­lich, z. B. bei Adressänderungen.

Je inte­grier­ter die Work­flow-Unter­stüt­zung in der Pro­zess­be­ar­bei­tung ist, umso fle­xi­bler las­sen sich die Pro­zes­s­tei­le auf­split­ten. Die­ses ermög­licht bei­spiels­wei­se die organisa­torische Aus­glie­de­rung von Leis­tun­gen in Ser­vice­ge­sell­schaf­ten. Aus Kos­ten­grün­den bie­ten die­se ihre Leis­tun­gen nicht mehr nur obli­ga­to­risch in Deutsch­land an, son­dern auch an aus­län­di­schen Stand­or­ten. Hier­aus erge­ben sich für die Ban­ken neue Mög­lich­kei­ten, stan­dar­di­sier­te Back­of­fice-Pro­zes­se kos­ten­güns­tig abzubilden.

ban­kon unter­stützt Groß- und Lan­des­ban­ken, Spar­kas­sen und Genos­sen­schafts­ban­ken bei der Neu­strukturierung ihrer Ver­triebs­ka­nä­le. Lang­jäh­ri­ge Pra­xis­er­fah­rung ermög­licht ban­kon, gemein­sam mit den Kun­den das für den jewei­li­gen Ver­triebs­ka­nal geeig­ne­te Pro­dukt- und Leis­tungs­spek­trum zu defi­nie­ren. Basis ist die Erkennt­nis, dass das Leis­tungs­an­ge­bot sehr eng mit den eta­blier­ten Pro­zes­sen sowie mit deren tech­ni­scher Basis zusam­men­spielt und nur in einem ganz­heit­li­chen Ansatz kon­zi­piert wer­den kann. Bank­fach­li­che und pro­zes­sua­le Kennt­nis­se ermög­li­chen es den ban­kon-Bera­tern, erfor­der­li­che Anpas­sun­gen an den End-to-End-Pro­zes­sen vor­zu­neh­men, erfor­der­li­che Über­gangs­pro­zes­se zu kon­zi­pie­ren und je Ver­triebs­ka­nal ein opti­ma­les Pro­dukt-Pro­zess-Port­fo­lio zu spezifizieren. 

Dar­über hin­aus ver­fügt ban­kon über lang­jäh­ri­ge Erfah­rung in der regu­la­to­rik­kon­for­men Aus­la­ge­rung von Back­of­fice-Pro­zes­sen inner­halb Deutsch­lands sowie an ver­schie­de­ne, rele­van­te Anbie­ter von Leis­tun­gen im Near- oder Offshoring. 

Pro­fi­tie­ren Sie von der lang­jäh­ri­gen Exper­ti­se unse­rer ban­kon Bera­ter in der Gestal­tung kanal-über­grei­fen­der, erfolg­rei­cher Ver­triebs- und Backoffice-Prozesse. 

Agilität-Regulatorik

„Agilität in Regulatorikprojekten – Widerspruch oder Chance?“

Anzahl und Kom­ple­xi­tät von Regu­la­to­rik­pro­jek­ten in Ban­ken stei­gen stän­dig. Immer mehr Res­sour­cen, per­so­nell und finan­zi­ell, wer­den mit der Sicher­stel­lung einer regu­la­to­rik­kon­for­men Gover­nan­ce gebun­den. Lei­der ist der Bei­trag zur unter­neh­me­ri­schen Wert­schöp­fung von Regu­la­to­rik­pro­jek­ten nahe­zu „Null“. Aus die­sem Grund kommt der effek­ti­ven Bear­bei­tung regu­la­to­ri­scher Anfor­de­run­gen sowie dem effi­zi­en­ten Manage­ment von Regu­la­to­rik­pro­jek­ten eine hohe Bedeu­tung zu. Kön­nen hier agi­le Metho­den oder gar Scrum helfen?

Zur Klä­rung einer Eig­nung von Scrum für die Durch­füh­rung regu­la­to­ri­scher Pro­jek­te in Ban­ken emp­fiehlt sich ein Blick auf die Cha­rak­te­ris­ti­ka von Pro­jek­ten, bei denen Scrum ide­al­ty­pisch ein­ge­setzt wird.

Kennzeichen von Projekten Scrum vs. Wasserfall

Auf­grund der gesetz­li­chen oder auf­sichts­recht­li­chen Vor­ga­ben, an denen Regu­la­to­rik­pro­jek­te aus­ge­rich­tet sind, wird auf den ers­ten Blick deut­lich, dass die­se Art von Pro­jek­ten nicht die Kenn­zei­chen auf­wei­sen, die ein Pro­jekt cha­rak­te­ri­sie­ren, das sich gut für die Anwen­dung von Scrum eig­net. Selbst­ver­ständ­lich lässt sich ein­wen­den, dass Metho­di­ken immer auch eine indi­vi­du­el­le Inter­pre­ta­ti­on oder Aus­prä­gung auf­wei­sen. Scrum lebt aber gera­de von der Ein­hal­tung des Metho­den­ka­nons, um sei­ne Wir­kung ent­fal­ten zu kön­nen. Metho­di­sche „Ein­grif­fe“ stel­len hier den Erfolg eines Scrum-Pro­jek­tes schnell in Fra­ge – die Anwen­dung von Scrum wird mit die­sen Ein­grif­fen abgebrochen.

Lösen wir uns vor die­sem Hin­ter­grund ein­mal von dem Begriff Scrum und rücken statt­des­sen Agi­li­tät in den Mit­tel­punkt der Betrach­tung. Unter der Fra­ge­stel­lung, ob und wenn ja wel­che agi­len Metho­den für Regu­la­to­rik­pro­jek­te geeig­net sind, ist eine Ent­kopp­lung von der Stren­ge der durch Scrum deter­mi­nier­ten Vor­ga­ben möglich.

Wel­che agi­len Metho­den gibt es, die in Scrum genutzt wer­den, und gibt es dar­über hin­aus geeig­ne­te Ergän­zun­gen die­ses agi­len Tool­sets – die­se Fra­ge soll im Fol­gen­den betrach­tet wer­den, um danach die Eig­nung für einen Ein­satz in Regu­la­to­rik­pro­jek­ten zu bewerten.

Die aus Scrum bekann­ten agi­len Metho­den las­sen sich aus mei­ner Erfah­rung grob in drei Schwer­punk­te auf­tei­len. Sie unter­stüt­zen eine inhalt­li­che Struk­tu­rie­rung, eine zeit­li­che Struk­tu­rie­rung oder stel­len die Inter­ak­ti­on der Betei­lig­ten in den Mit­tel­punkt. Nach­ste­hen­de Über­sicht ord­net die in Scrum genutz­ten Metho­den­bau­stei­ne die­sen drei Schwer­punk­ten zu.

Agile Methoden - Schwerpunkt Interaktion

Zu 1 – Inhalt­li­che Strukturierung

  • Mit­tels eines Back­logs kön­nen Anfor­de­run­gen in unter­schied­li­cher Aus­prä­gung und Doku­men­ta­ti­ons­form ver­wal­tet werden
  • Neben der Beschrei­bung erfolgt für die Inhal­te eines Back­logs eine Dar­stel­lung von Auf­wand und Nut­zen sowie eine Priorisierung
  • Ent­spre­chend der Prio­ri­sie­rung wird die Beschrei­bung detail­lier­ter spezifiziert
  • Das Kan­ban-Board visua­li­siert Arbeitsfortschritte
  • Auf­ga­ben durch­lau­fen nach Arbeits­fort­schritt geglie­der­te Rubri­ken, die je nach Ein­satz­zweck unter­schied­lich geglie­dert wer­den, z. B.:
    • Zu tun | In Arbeit | Erledigt
    • Back­log | Kon­zep­ti­on | Umset­zung | Test | Frei­ga­be | Erledigt

Eig­nung für Regulatorikprojekte:

Eine struk­tu­rier­te Samm­lung von Anfor­de­run­gen ist Inhalt jedes Pro­jek­tes und damit auch für Regu­la­to­rik­pro­jek­te essen­zi­ell. User Sto­ries wer­den sicher­lich nicht die domi­nie­ren­de Bedeu­tung in der Zusam­men­set­zung des Back­logs haben. Eben­so wenig wird die Sum­me der Anfor­de­run­gen mit­tels eines Fach­kon­zepts und eines DV-Kon­zepts beschrie­ben, um dann mit dem Label Back­log ver­se­hen zu werden.

Unter Berück­sich­ti­gung eines modu­la­ren Auf­baus der Grund­ge­samt­heit von Anfor­de­run­gen in Regu­la­to­rik­pro­jek­ten ist ein Back­log gut geeig­net, um die­se als Sum­me zu ver­wal­ten. Aus ihm las­sen sich dann zusam­men­hän­gen­de Ein­zel­an­for­de­run­gen her­aus­zie­hen und in einen Sprint-Back­log zusam­men­fas­sen. Denk­bar sind hier bei­spiels­wei­se Use-Cases zur Anbin­dung von Anwen­dungs­sys­te­men oder Infra­struk­tur­kom­po­nen­ten an ein SIEM (Secu­ri­ty Inci­dent and Event Management).

Zu 2 – Zeit­li­che Strukturierung

Sich für einen kur­zen Arbeits­zeit­raum defi­nier­te Arbeits­in­hal­te vor­zu­neh­men, die aus der Grund­ge­samt­heit aller Anfor­de­run­gen aus­ge­wählt wer­den, ist unab­hän­gig von Scrum ein sinn­vol­les Vor­ge­hen zur Hand­ha­bung eines kom­ple­xen Anfor­de­rungs­uni­ver­sums. Vor­aus­set­zung ist jedoch, dass die Inhal­te eines Sprints kei­ne zu fes­te Kopp­lung zu ande­ren Anfor­de­run­gen außer­halb des Sprits auf­wei­sen und damit eine unab­hän­gi­ge Bear­bei­tung ermöglichen.

Eig­nung für Regulatorikprojekte:

Fol­gen­de Bei­spie­le aus Regu­la­to­rik­pro­jek­ten sei­en zur Ver­deut­li­chung genannt:

  • Anbin­dung von Anwen­dun­gen an ein PAM-Tool (pri­vi­le­ged access manage­ment) zum Hand­ling pri­vi­le­gier­ter Berechtigungen
  • Durch­füh­rung einer Busi­ness-Impact-Ana­ly­se für einen Kernprozess
  • Umset­zung gemein­sa­mer Schwach­stel­len­scans mit einem IT-Provider

Gemein­sa­mes Cha­rak­te­ris­ti­kum obi­ger Tätig­kei­ten ist, dass sie nicht durch eine Per­son allein durch­ge­führt wer­den, son­dern nur personen‑, abteilungs‑, bereichs- oder fir­men­über­grei­fend bewäl­tigt wer­den kön­nen. Mit ihrer losen Kopp­lung zu ande­ren The­men sind sie jedoch gut für eine Bear­bei­tung in Form eines Sprints geeignet.

Deut­lich wird anhand die­ser Auf­ga­ben jedoch die Not­wen­dig­keit zur Inter­ak­ti­on in der Bear­bei­tung. Und genau hier liegt der drit­te Schwer­punkt agi­ler Methodiken.

Zu 3 – Interaktion

„Mit­ein­an­der reden“ hie­ßen nicht nur die vier Stan­dard­wer­ke von Frie­de­mann Schulz von Thun zur Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gie, son­dern auch in Pro­jek­ten gilt die­ser Leit­satz. Aus die­sem Grund wur­den in der Scrum-Metho­dik Vor­ga­ben zum struk­tu­rier­ten Aus­tausch umge­setzt, sei es der täg­li­che Stan­dup oder Sprint-Review und Sprint-Retro­spek­ti­ve. Struk­tu­rel­le und zeit­li­che Vor­ga­ben stel­len die Effi­zi­enz und Effek­ti­vi­tät die­ser Ter­mi­ne sicher.

Eig­nung für Regulatorikprojekte:

Die Eig­nung eines täg­li­chen Stan­dup für Regu­la­to­rik­pro­jek­te steht außer Zwei­fel, hat sich doch die­ses kur­ze Mee­ting inzwi­schen weit über Scrum hin­aus in den beruf­li­chen All­tag aus­ge­brei­tet. Wich­tig im Kon­text von Regu­la­to­rik­pro­jek­ten ist hier jedoch die Ein­hal­tung der struk­tu­rel­len und zeit­li­chen Vor­ga­ben aus Scrum, um einen dif­fu­sen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch zu ver­mei­den. Das Ergeb­nis eines Sprints im Review zu betrach­ten und Ver­bes­se­run­gen dar­aus abzu­lei­ten (Retro­spek­ti­ve), ist grund­sätz­lich auch außer­halb von Scrum wich­tig. Die eng gefass­ten metho­di­schen Vor­ga­ben ver­lie­ren jedoch ein Stück weit an Bedeu­tung, wenn in Regu­la­to­rik­pro­jek­ten nicht wie bei Scrum das Ergeb­nis eines Sprints pro­duk­tiv gesetzt wird.

Zusam­men­fas­sung:

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass Scrum als geschlos­se­ne Metho­dik sicher­lich nicht geeig­net ist für die Durch­füh­rung von Regu­la­to­rik­pro­jek­ten. Aber eine Viel­zahl von Ele­men­ten aus dem agi­len Metho­den­bau­kas­ten, den Scrum nutzt, las­sen sich über­tra­gen. Sie zah­len ein auf die schnel­le Erzeu­gung ver­wert­ba­rer Ergeb­nis­se im Pro­jekt, die Sicher­stel­lung der Kom­mu­ni­ka­ti­on sowie die Umset­zung der ganz­heit­li­chen Ziel­set­zung des Projektes.

Hier haben Erfah­run­gen gezeigt, dass sich ein­zel­ne Ele­men­te auch sehr gut mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren las­sen. Expli­zit sei hier auf die Metho­dik des Scrum­ban hin­ge­wie­sen, in der die Visua­li­sie­rung mit­tels Kan­ban-Board um pro­zes­sua­le Ele­men­te erwei­tert wird. So infor­miert es über die Anzahl der Objek­te, an denen das Team gera­de arbei­tet, sowie die Anzahl an Auf­ga­ben, wel­che schon abge­schos­sen sind. Ziel ist hier die Stär­kung von Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein und Kom­mu­ni­ka­ti­on sowie die Visua­li­sie­rung der bereits erziel­ten Leistungsergebnisse.

In einer fort­ge­schrit­te­nen Aus­bau­stu­fe kann ein sol­ches Scrum­ban-Board durch die inkre­men­tel­le Arbeits­pla­nung Sprints obso­let machen. Jedoch hat sich im prak­ti­schen Ein­satz die Kom­bi­na­ti­on von Sprints und Scrum­ban-Boards bewährt. Das Prin­zip­bild eines Scrum­ban-Boards zeigt nach­ste­hen­de Abbildung.

Backlog

Exper­ti­se ban­kon Manage­ment Consulting

Die Exper­ti­se der ban­kon-Bera­ter aus mehr als fünf­zehn Jah­ren Erfah­rung mit Pro­jek­ten im Kon­text IT-Regu­la­to­rik sichert pra­xis­er­prob­tes Wis­sen. Umfang­rei­che Kennt­nis von Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren, Pro­zes­sen und IT-Sys­te­men deut­scher Ban­ken und Spar­kas­sen gewähr­leis­ten den erfor­der­li­chen fach­li­chen und tech­ni­schen Hintergrund.

Auf die­ser Grund­la­ge sowie mit­tels unse­res lang­jäh­ri­gen Erfah­rungs­schat­zes in der erfolg­rei­chen Anwen­dung tra­di­tio­nel­ler und agi­ler Metho­den im Pro­jekt wäh­len wir gemein­sam mit Ihnen den für Ihr Insti­tut geeig­ne­ten Metho­den­mix aus.