Risk Advisory für Firmenkunden – ein „Beyond Banking“ Ansatz im Kundengeschäft

Die Welt steht in vielerlei Hinsicht vor einem Umbruch. Diverse wirtschaftliche, politische und umwelttechnische Krisen sind von der Gesellschaft zu bewältigen. Dies bedeutet, dass auch die Finanzdienstleistungsbranche davon betroffen ist und dies zu neuartigen Risiken führt. Die Herausforderung besteht darin, diese Risiken zu erkennen und richtig zu bewerten. Wichtig ist vor allem, dass die Banken und Finanzdienstleister nicht nur ihre eigenen Risiken beherrschen, sondern auch Angebote für ihre Kunden bereitstellen, die besonders im Risikomanagement bisher nicht signifikant aufgestellt sind. An dieser Stelle die Bedarfe der Kunden richtig zu deuten, kann einen enormen Wettbewerbsvorteil erbringen.

Dieser Artikel umfasst die Beleuchtung der neuen Risikoarten und welche Auswirkungen diese auf das Verhältnis der Banken und Finanzdienstleister auf ihre Kunden haben können. Es wird erläutert, wie die Finanzdienstleistungsbranche als ganzheitlicher Partner im Bereich Risk Advisory agieren sollte. Zum Schluss wird ein potenzielles Vorgehensmodell zur Erarbeitung dieser neuen Dienstleistungsprodukte vorgestellt.

 

Die Kundenbeziehungen haben Auswirkungen auf die eigenen Risiken

 

Die neuen Herausforderungen führen die Unternehmen vor die Fragestellung, wie sie mit den Themenstellungen, wie u. a. Klimawandel, soziale Verantwortung, technologische Anpassung und geopolitische Sicherheit konkret umgehen sollen. Sie müssen die Anforderungen für ihr eigenes Geschäftsmodell bewerten, messen und steuern. Hierfür sind Steuerungsinstrumente notwendig. Oftmals sind vor allem bei Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMU) diese Instrumente nur rudimentär vorhanden, da in der Vergangenheit ein ausgeprägtes Risikomanagement – analog zur früheren Situation in den Banken – nicht notwendig war. Die Banken und Finanzdienstleister genießen bei den Firmenkunden ein hohes Maß an Vertrauen. Dies liegt schlussfolgernd auch an den Steuerungsinstrumenten im Risikomanagement der Institute.

Die heute mehr denn je Problemstellungen sind in verschiedenen Bereichen angesiedelt:

  • Klima- und Umwelt
    • Klimawandel
    • Umweltthemen
    • Artenvielfalt
  • Soziale Aspekte
    • Menschenrechte (Lieferketten)
    • Gesundheit und Arbeitssicherheit der Subunternehmer
  • Technologie
    • Cyber-Sicherheit
    • Datenschutzthemen
  • Politik/Globale Sicherheit
    • Politische Veränderungen
    • Kriege

Aus den genannten Bereichen lassen sich direkte Kernthemen der Firmenkunden ableiten. Diese Kernthemen umfassen u. a. Handlungsanweisungen/Normen und Schutzanforderungen an die Unternehmen.

Im Bereich Klima- und Umwelt werden vor allem die Einhaltung von Umwelt- und Klimastandards und die Vorgabe von gesetzlichen Reportingpflichten, wie z. B. die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), gefordert. Die sozialen Aspekte behandeln u. a. die Themen Rückverfolgung von Menschenrechten und die Einhaltung von Gesundheitsstandards. Im Bereich Technologie wird der Fokus besonders auf die ordnungsgemäße Verarbeitung und den Schutz von Daten gesetzt. Die Themen Politik und Globale Sicherheit beschreiben den Schutz einer weltweiten Wertschöpfung. Wichtig ist dies für KMU, die im produzierenden Gewerbe auf Zu- und Belieferung von Waren aus dem bzw. in das Ausland angewiesen sind.

Abbildung 1: Kernthemen der Firmenkunden
Abbildung 1: Kernthemen der Firmenkunden

 

Diese Kernthemen führen zu konkreten Risiken, die sich direkt auf die Geschäftsmodelle auswirken können. Die große Herausforderung für KMU besteht in der Bewertung und Steuerung der aufgeführten Risiken, die sich beispielhaft aus den beschriebenen Bereichen und resultierenden Kernthemen ableiten lassen. Diese Risiken wirken sich nicht nur auf die KMU selbst aus, sondern auch auf ihre Gläubiger, insbesondere Banken, die Kredite an diese Unternehmen vergeben. Zu den wichtigsten Risiken gehören Zahlungsausfälle, Lieferausfälle, Betriebsunterbrechungen, IT-Systemausfälle, Cyber-Attacken sowie Rating-Downgrades.

  1. Zahlungsausfälle
    Wenn Kunden von KMU ihre Rechnungen nicht fristgerecht begleichen, führt dies zu Liquiditätsengpässen und beeinträchtigt die Fähigkeit der Unternehmen, eigene Verbindlichkeiten zu bedienen. Dies kann zu Kreditverzögerungen oder -ausfällen führen, was Banken zwingt, Rückstellungen zu bilden und mögliche Verluste zu tragen. Ein Anstieg der Zahlungsausfälle kann die Kreditkonditionen für KMU verschärfen und den Zugang zu Finanzierungen erschweren.
  2. Lieferausfälle
    Lieferengpässe oder -ausfälle durch externe Zulieferer können die Produktionsfähigkeit eines KMU erheblich einschränken. Ohne die nötigen Rohstoffe oder Komponenten kann es zu Verzögerungen in der Produktion und der Lieferung von Waren kommen, was zu Umsatzverlusten und Rufschäden führt. Solche Entwicklungen verschärfen das Risiko eines Kreditausfalls und verringern die finanzielle Stabilität des KMU, was wiederum das Ausfallrisiko für Banken erhöht.
  3. Betriebsunterbrechungen
    Betriebsunterbrechungen, etwa durch Naturkatastrophen, Maschinenstörungen oder Pandemien, können zu temporären Schließungen führen und den Umsatz von KMU drastisch reduzieren. Ohne Einnahmen können die Unternehmen ihre laufenden Kosten nicht decken und geraten schnell in finanzielle Schwierigkeiten. Dies hat nicht nur direkte Auswirkungen auf das Unternehmen, sondern auch auf Banken, die das Risiko tragen, dass das KMU seine Kredite nicht zurückzahlen kann.
  4. IT-Systemausfälle und Cyber-Attacken
    In einer digitalisierten Welt sind KMU zunehmend von funktionierenden IT-Systemen abhängig. Systemausfälle oder gezielte Cyber-Angriffe können den Betrieb lahmlegen und zu erheblichen finanziellen Verlusten führen. Auch Reputationsschäden und rechtliche Konsequenzen, etwa durch den Verlust sensibler Daten, können folgen. Für Banken erhöhen sich hierdurch die Kreditrisiken, da KMU durch die finanziellen Belastungen nicht mehr in der Lage sein könnten, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.
  5. Rating-Downgrades
    Wenn ein KMU aufgrund finanzieller oder operativer Probleme ein schlechteres Kreditrating erhält, steigen die Finanzierungskosten und die Zinsen für bestehende Kredite. Ein Rating-Downgrade signalisiert den Banken ein höheres Ausfallrisiko, was zu verschärften Kreditbedingungen oder sogar zur Kündigung von Kreditlinien führen kann. Dies kann KMU zusätzlich in Bedrängnis bringen und die Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen erhöhen.

Auswirkungen auf Banken

Banken, die Kredite an KMU vergeben, sind stark von der Risikobewertung der Unternehmen abhängig. Bei Zahlungsausfällen, Betriebsstörungen oder rechtlichen Problemen erhöht sich das Kreditausfallrisiko. Diese Risiken können die Bilanzen der Banken belasten, ihre Liquidität beeinträchtigen und zu einer Verschlechterung der allgemeinen Kreditbedingungen führen. In einer solchen Situation könnten Banken restriktivere Maßnahmen bei der Kreditvergabe ergreifen, was KMU den Zugang zu dringend benötigten Finanzmitteln erschwert.

Ein solides Risikomanagement sowohl auf Seiten der KMU als auch der Banken ist unerlässlich, um diese Folgeschäden zu minimieren. Die entscheidende Frage ist, ob die Bank den KMU in einer partnerschaftlichen Geschäftsbeziehung, eine Unterstützungsleistung anbieten kann.

 

Die Bank dient als ganzheitlicher Partner

 

Eine Bank kann ihrem KMU-Kunden als ganzheitlicher Partner erheblichen Mehrwert bieten, indem sie Risiken minimiert und Folgeschäden durch proaktive Maßnahmen abfedert. Dies kann durch umfassende Risikomanagementberatungen, die Bereitstellung moderner Risiko-Tools und Software, sowie die Vermittlung und den Verkauf geeigneter Versicherungsprodukte geschehen. Durch eine solche Partnerschaft können KMU ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber unerwarteten Ereignissen erhöhen und die Bank profitiert von einem stabileren, langfristigen Kundenverhältnis.

Abbildung 2: Beispielhafte Bankdienstleistungen für den Bereich "Risk Advisory" im Firmenkundengeschäft
Abbildung 2: Beispielhafte Bankdienstleistungen für den Bereich "Risk Advisory" im Firmenkundengeschäft
  1. Risikomanagementberatung

Eine der wichtigsten Rollen, die eine Bank als Partner übernehmen kann, ist die Bereitstellung von umfassenden Risikomanagementberatungen. Viele KMU verfügen nicht über die internen Ressourcen oder das Fachwissen, um komplexe Risiken richtig zu identifizieren und zu bewerten. Hier kann die Bank ihre Expertise einbringen, indem sie individuelle Risikoanalysen durchführt und maßgeschneiderte Strategien entwickelt, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten sind.

a) Frühzeitige Risikoidentifikation

Die Bank kann KMU dabei unterstützen, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören finanzielle Risiken wie Kreditausfälle, aber auch betriebliche Risiken wie Lieferkettenunterbrechungen oder technologische Risiken durch IT-Ausfälle. Indem die Bank systematisch die Schwachstellen des Unternehmens analysiert, können Maßnahmen zur Risikovermeidung und Risikoreduzierung ergriffen werden.

b) Strategische Risikominimierung

Die Beratung umfasst nicht nur die Identifikation von Risiken, sondern auch die Entwicklung von Strategien zur Risikominimierung. Die Bank kann zusammen mit dem KMU-Pläne zur Diversifizierung von Lieferanten erstellen, Rücklagen aufbauen, um finanzielle Engpässe zu überbrücken, oder Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität einführen. Solche Strategien erhöhen die Widerstandsfähigkeit des KMU gegenüber externen Schocks.

  1. Auswahl und Implementierung von Risiko-Tools und Software

Ein weiteres zentrales Element der Unterstützung durch die Bank ist die Bereitstellung oder Empfehlung von Risiko-Tools und Softwarelösungen, die KMU dabei helfen, ihre Risiken besser zu managen. Durch die Nutzung moderner Technologien können Unternehmen schneller und effizienter auf potenzielle Gefahren reagieren.

a) Finanzmanagement-Software

Eine Bank kann ihren KMU-Kunden helfen, Finanzmanagement-Software zu implementieren, die eine Echtzeitanalyse von Cashflows, Verbindlichkeiten und Vermögenswerten ermöglicht. Diese Tools können das Unternehmen bei der Planung und Budgetierung unterstützen und ermöglichen eine frühzeitige Erkennung von Liquiditätsengpässen oder Kreditausfallrisiken.

b) Risikobewertungs-Software

Darüber hinaus können Banken KMU mit speziellen Risikobewertungs-Tools ausstatten. Diese Softwarelösungen helfen Unternehmen, Risiken in verschiedenen Bereichen wie Finanzen, Lieferketten oder IT zu bewerten. Durch eine proaktive Risikobewertung können KMU gezielt Maßnahmen ergreifen, um potenzielle Schäden zu minimieren.

c) IT- und Cybersicherheitslösungen

In einer zunehmend digitalen Welt sind IT-Ausfälle und Cyber-Angriffe eine große Bedrohung für KMU. Banken können KMU IT-Sicherheitslösungen und Tools zur Cyberabwehr empfehlen oder anbieten, die helfen, Systeme und Daten vor Angriffen zu schützen. Dies umfasst sowohl Firewall- und Verschlüsselungstechnologien als auch Software zur Erkennung von Bedrohungen. Eine sichere IT-Infrastruktur ist entscheidend, um Betriebsunterbrechungen oder Datendiebstahl zu verhindern.

  1. Vermittlung und Verkauf von Versicherungen

Ein zentraler Baustein zur Risikominimierung ist der Abschluss geeigneter Versicherungen. Hier können Banken als Vermittler oder direkte Anbieter von Versicherungsprodukten agieren. Versicherungen sind ein effektives Mittel, um finanzielle Schäden durch unvorhergesehene Ereignisse abzufedern und die finanzielle Stabilität eines KMU zu schützen.

a) Betriebsunterbrechungsversicherung

Eine Betriebsunterbrechungsversicherung schützt KMU vor den finanziellen Folgen von ungeplanten Betriebsausfällen. Solche Ausfälle können durch Naturkatastrophen, Maschinenversagen oder sogar IT-Ausfälle verursacht werden. Die Bank kann KMU bei der Auswahl und dem Abschluss geeigneter Policen unterstützen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen im Krisenfall abgesichert ist.

b) Kreditversicherung

Eine Kreditversicherung schützt KMU vor den Folgen von Zahlungsausfällen durch Kunden. Insbesondere bei wirtschaftlichen Unsicherheiten oder in Märkten mit hohem Ausfallrisiko kann eine Kreditversicherung existenzsichernd sein. Banken, die solche Produkte vermitteln oder verkaufen, können KMU helfen, die Folgen von Forderungsausfällen zu minimieren.

c) Cyber-Versicherung

Da Cyber-Risiken zunehmend bedrohlich werden, bieten Cyber-Versicherungen Schutz vor den finanziellen Auswirkungen von Cyber-Angriffen, Datendiebstahl und IT-Ausfällen. Eine Bank kann KMU dabei unterstützen, eine passende Cyber-Versicherung abzuschließen, um nicht nur den direkten Schaden, sondern auch die Kosten für Wiederherstellung und rechtliche Konsequenzen abzufedern.

 

Wir begleiten den gesamten Innovationsprozess

 

Die ganzheitliche Begleitung des bankseitigen Innovationsprozesses durch bankon zur Etablierung eines strukturierten Risk Advisory Ansatzes für Firmenkunden ist ein wesentlicher Schritt, um den Herausforderungen des modernen Bankgeschäfts gerecht zu werden. Durch umfangreiche Marktforschung, Kundeninterviews und die Durchführung von Workshops wird eine fundierte Grundlage geschaffen, die es der Bank ermöglicht, ein effektives Risikomanagement zu implementieren. Die agile Vorgehensweise in Form von drei Sprints fördert zudem die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Marktbedingungen. Mit der Unterstützung von bankon wird die Bank nicht nur in der Lage sein, Risiken besser zu managen, sondern auch ihre Position im Wettbewerbsumfeld zu stärken und das Vertrauen ihrer Firmenkunden zu festigen.

Ziel des hier beschriebenen bankon- Beratungsansatzes ist es, sowohl die internen Abläufe der Banken zu optimieren als auch eine breite Akzeptanz im Führungskreis zu schaffen. Diese Initiative führt zu einer dokumentierten Impact-Analyse, der Erstellung eines Target Operating Models (TOM) einschließlich eines Business Cases sowie einer Entscheidungsvorlage für die potenzielle Realisierung der nächsten Umsetzungsschritte.

Die umfassende Expertise von bankon Management Consulting in der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle basiert auf über 20 Jahren Erfahrung in Projekten zur strategischen Transformation. Dieses praxisnahe Wissen sorgt für fundierte Lösungen. Dank tiefgreifender Kenntnisse der Organisationsstrukturen, Prozesse und IT-Systeme von Banken und Sparkassen in Deutschland bietet bankon den nötigen fachlichen und technischen Hintergrund, um maßgeschneiderte und zukunftsorientierte Ansätze erfolgreich umzusetzen.

Profitieren Sie von der langjährigen Expertise unserer bankon Berater in der Gestaltung Ihres Vendor Managements. Sprechen Sie uns an.

bankon Management Consulting GmbH & Co. KG
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